Vielleicht
war ich ja in meiner Art immer zu konsequent, zu engstirnig, zu wenig
offen, andersdenkenden gegenüber? Ich habe Zeit meines Lebens
aussortiert. Menschen, bei denen ich keine Gemeinsamkeiten feststellen
konnte, mit denen gab ich mich nicht ab. Die letzten Jahre waren
diesbezüglich etwas fordernd. Ich musste Kompromissbereitschaft
lernen und, dass es die 100% wohl nie gibt. Man beschränkt sich aufs Verbindende, lässt das Trennende außen vor. Gerade in Zeiten einer
Pandemie, wo soviele Sichtweisen aufeinanderprallen, ist man gut
beraten, Differenzen im Sinne einer Freundschaft, nicht überzubewerten,
um sich stattdessen auf Themen zu konzentrieren, wo Konsens herrscht. Nun
fragt es sich , wo denn die Schmerzgrenze liegt. Welches sind die
Voraussetzungen dafür, dass es mit der Kompromissbereitschaft ein Ende
hat? Für mich gibt es da eine klare Antwort. Sobald mir Faschismus,
Rassismus, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit entgegenschlagen,
ist Schluss. In solchen Fällen gibt es keine Suche nach dem
Verbindenden, nach Entschuldigungen, nach Rechtfertigung. Das sind
Eigenschaften, die keinen Platz in meinem Leben einnehmen dürfen, auch
nicht ein kleines bisschen. Man kann sich das vorstellen, wie ein gutes
Menü. Okay, es muss nicht unbedingt Frittiertes als Beilage sein, man
kann Kompromisse eingehen und einen Salat essen. Auch was die Dessertvariation betrifft, kann verzichtet werden und man findet mit dem Fruchtsalat ein Auskommen, der
Figur zu Liebe. Das Ganze sieht immer noch wunderbar aus und schmeckt
auch. Wenn nun aber jemand einen feinen Nebel Jauche über das Essen
sprühen würde und wenn es auch noch so wenig wäre, die Speisen wären
ungenießbar. So ist das mit Menschen, die vielleicht einige positive
Charaktereigenschaften besitzen, vergiftet jedoch durch einen Nebel von
rechtsradikalem Gedankengut. Letzteres ist es, das überwiegt und sie für
mich "ungenießbar" macht. Was das angeht, bin ich sehr konsequent und
kompromisslos.
Inhalt
▼
Mein Freund der Faschist, oder "Die Grenzen der Toleranz"
Diese
meine Einstellung führt dahin, dass mir das Verständnis für Menschen
fehlt, die eine solche Ansicht nicht teilen und die diese Art von roter
Linie nicht zu kennen scheinen. Es sind Menschen, die es zum einen als
weltoffen und progressiv ansehen und zum anderen gerade als Pflicht,
dass man sich mit jedem und allem gleichermaßen auseinanderzusetzen hat. Da
werden Hintergründe beleuchtet, das Umfeld untersucht, Einflüsse von
außen analysiert, alles auf eine tiefenpsychologische Metaebene
gehoben usw. Es wird entschuldigt, verteidigt, schöngeredet,
abgewiegelt, verglichen, erklärt, umgedeutet, abgeschwächt. Wenn es da
eben um Faschismus geht, tu ich mich als Mitteleuropäer schwer. Wo ist
das Trauma der über 60 Mio Opfer in diesen wenigen Jahrzehnten bloß hin,
das die brutale Herrschaft der Faschisten angerichtet hat? Handelt es
sich gar um eine Art Stockholmsyndrom, das Menschen dazu veranlasst,
sich Faschisten wie Putin, in die Arme zu werfen? Ist alles vergessen und
verziehen? Oder aber ist es eine Gesellschaft der Ignoranz, der
Gleichgültigkeit und des Egoismus, welche dazu führt, rückgratlos alles
hinzunehmen, Hauptsache nicht Mainstream? Bis vor kurzem war
Querdenkertum noch positiv besetzt. Man versuchte über den Tellerrand
hinauszublicken, sich von eingefahrenen Mustern zu befreien. Das war
gut, innovativ, progressiv. Querdenken hieß nie, mit dem Alten zu
brechen, sondern es neu zu sehen, zu ergänzen, zu bereichern, es allenfalls zu korrigieren. Bei dem
was heute unter "Querdenken" läuft, handelt es sich eigentlich um
Gegendenken, um pure Konfrontation. Es ist ein schwarz/weiß, ein
entweder oder. Es ist das, was mit zu einer Spaltung der
Gesellschaft führt. Dazu gehört, dass die Grenzen klar gezogen, die
Gräben möglichst tief sind. Es wird mit Zähnen und Klauen verteidigt,
was hilft, das eigene Weltbild zu erhalten. Da kommt es auf ein bisschen
Faschismus nicht darauf an. So endet man in Dialogen wie: "Natürlich
verurteile ich den brutalen und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg
Russlands auf die Ukraine aber...". Es ist so, dass es in Fällen wie
diesen kein "aber" gibt. Es gibt keine Verteidigung, keine
Rechtfertigung für Faschismus. Wer Faschismus rechtfertigt, ist
Faschist. Faschismus ist schlecht, negativ, durch und durch. Es gibt
keine positive Seite des Faschismus, nichts, was man sich auf die Fahnen
schreiben könnte, sich abkupfern sollte. Faschismus ist die Jauche auf
den Speisen der Gesellschaft, das Krebsgeschwür im Körper der Nationen,
das Gift in den Köpfen der Menschen. Faschismus verursacht
ausschließlich Tod, Leid und Elend. Es gibt auch nicht ein bisschen
Faschismus. Faschismus ist da oder nicht. Weshalb es so leicht ist,
diese Grenze zu ziehen. "Faschismus? Nein danke, brauche ich nicht!".
Meine
Ansicht mag radikal erscheinen. Sie ist es auch. Bei Faschismus ist
radikal fertig, Schluss, aus. Was nicht bedeutet, ich sei blind
gegenüber dem, was noch alles passiert, im Gegenteil. Gerne diskutiere
ich über den illegitimen Angriffskrieg der USA und deren Alliierten auf
den Irak. Auch über den NATO-Einsatz ohne UNO-Mandat in Ex-Jugoslawien
kann debattiert werden. Die Ukraine ist korrupt, von Oligarchen
gesteuert (übrigens identisch mit Russland), fern von dem, was wir unter
Demokratie verstehen usw. Es gibt Profiteure des Krieges. Es entstehen Interessenkonflikte dadurch, dass Staaten wie etwa die USA, durch
Waffen- und Energielieferungen, Unmengen an Geld verdienen. Es mag sogar
sein, dass diesen wenig an einem raschen Ende des Krieges gelegen zu
sein scheint. All das und noch vieles mehr, darf nicht unbesprochen
bleiben. Es handelt sich um ernstzunehmende Themen und Probleme, die
gelöst werden müssen. Jedoch nicht ein einziges dieser Argumente rechtfertigt auch nur im Ansatz Faschismus. Es muss heißen: "Ich
verurteile den brutalen und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands
auf die Ukraine.". Punkt!
Die Ukraine wurde von einem faschistischen
Regime überfallen. Unterhalten wir uns darüber, wie es dazu kommen
konnte. Wie konnte es dazu kommen, dass Russland zu einem faschistischen
Staat entwickelte? Unter unser aller Augen. Putin hat sich sicher nicht
radikalisiert, weil Ex-US-Präsident Busch einst Bomben auf den Irak
fallen ließ oder weil Oligarchen sich die Ukraine aufgeteilt hatten. Und
wenn, sogar dann gehört er als Faschist abgestempelt und bekämpft aber
doch nicht verteidigt, verstanden und in Ehren gehalten. Faschismus wird
nicht verstanden, sondern eliminiert. Wer also über Missstände reden
will, wer das hegemoniale Bestreben der USA kritisieren will, wer in der
Ukraine einen korrupten und undemokratischen Staat sieht, der soll
diese ansprechen und zur Diskussion bringen dürfen. Das ist wichtig und
all das darf niemals unter den Teppich gekehrt werden. Nur eines darf
nicht passieren. Es darf zu keinem Moment auch nur der Hauch eines
Eindrucks entstehen, dass damit das Handeln Putins gerechtfertigt wird.
Dieser Eindruck entsteht, wenn es etwa um den russischen Angriffskrieg
geht und irgendwer, eines der angesprochenen Themen anspricht. Man nennt
das Totschlagargument. Es lenkt ab, erstickt den Diskurs und zwar deshalb, weil man versucht Zusammenhänge zu erstellen, wo es keine gibt. Leider haben viele
immer noch nicht verstanden, dass es solche Scheinargumente gibt, wie
man sie erkennt und wie man mit ihnen umgeht. Ich selbst habe es bis heute
noch nie erlebt, dass jemand in einer Diskussion, ein Totschlagargumente als solches benannte und mit denjenigen, die es gebrauchten,
entsprechend verfahren wurde. Dabei ist diese Unart nichts Neues, sehr
beliebt und es wäre wirklich an der Zeit, entsprechend zu reagieren.
Faschismus
muss die rote Linie sein, darf nie zur Diskussion stehen. Er ist ein No-
Go, eine Thema, bei dem einmal Kompromisslosigkeit das Gebot der
Stunde und Konsequenz ein Muss ist. Faschismus darf nicht den Hauch
von Akzeptanz erhalten. Mit Faschismus muss umgegangen werden, wie mit
dem Funken in einem ausgetrockneten Wald. Prävention ist das Rezept,
damit es nie mehr zum Flächenbrand kommen kann.
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