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Trump – warum ein erfolgreiches Impeachment so wichtig gewesen wäre

 Hauptsache weg, denken viele. Sie sehen keinen Sinn in der Amtsenthebung eines Präsidenten, der keiner mehr ist. Trumps Macht als Expräsident scheint überschaubar. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass er tatsächlich in vier Jahren nochmals für die Republikaner als Präsidentschaftskandidat in Frage käme und tatsächlich die Wahl gewinnen würde, ist mehr als gering. Also, was soll’s? Schauen wir nach vorne, lassen wir den Alptraum der Trumpregentschaft endlich hinter uns. Dies jedoch ist zu kurz gedacht, sogar gefährlich.

Man ist ja aus den USA einiges gewöhnt, das Land der unmöglichen Unmöglichkeiten. Trump war nicht die erste illustre Gestalt, welche das Präsidentenamt bekleidet hat. Wir erinnern uns etwa an den Schauspieler Reagan oder das schlichte Gemüt eines Bush Jr. Insofern sind wir nicht verwöhnt, wenn es um US-amerikanische Staatsoberhäupter im Allgemeinen geht. Was aber unterscheidet gerade Donald J. Trump von anderen, deren Qualifikation fraglich scheint? Zum einen sei festgestellt, dass viele Amerikaner, und besonders jene aus dem republikanischen Lager, in ihrem Präsidenten eine Art von Gott berufene, fast unfehlbare Lichtgestalt sehen. Bei Trump wurde das überdeutlich. Kein noch so eklatanter Fehltritt war ausschlaggebend genug, um die Loyalität seiner Gefolgschaft ins Wanken zu bringen. Mancher musste sich zwar bis weit über die Schmerzgrenze hinaus verbiegen, was jedoch der Treue seiner Anhängerschaft keinen Abbruch tat. Die Strategie dafür schufen Trump und seine engsten Berater sukzessive selbst, indem man schlicht eine Parallelrealität aus dem Boden stampfte. Begonnen mit „alternativen Fakten“, gefolgt von zigtausenden von Lügen, welche Trump Tag um Tag in die Welt hinaus blies, bis hin zum vollkommenen Negieren eines demokratischen Prozesses, nämlich jenen der Präsidentenwahl. Kritiker wurde zu Feinden des amerikanischen Volkes erklärt, wichtige Positionen, wie in mafiösen Strukturen gang und gäbe, mit Familienmitgliedern oder devoten Gestalten mit fragwürdigen Kompetenzen besetzt. Trump regierte durch, ganz nach Diktatorenart. Wer sich ihm widersetzte, wurde gefeuert. Nur wer gewillt war, sich der Willkür und den Launen eines Mannes, der massiv psychopathische Züge an den Tag legte, zu beugen, dem war ein Überleben gewiss. Vielen, angelockt von der Macht eines Amtes im Weißen Haus, wurde dies zum Verhängnis. Wenn nicht abrupt ihrer Positionen enthoben, zogen sie es vor, irgendwann selbst den Hut zu nehmen. Spott und Diffamierungen von Seiten ihres ehemaligen Chefs, waren ihnen gewiss.

Es ist sicher so, dass Trump und die Seinen, diese Strategie des Errichten einer Parallelrealität aus reinem Machtkalkül gefahren sind, ausschließlich um ihren Einfluss zu behalten. Allerdings haben sie exakt dieselbe Strategie mit Strömungen gemeinsam, welche im Laufe der Geschichte immer wieder versucht hatten, unsere Weltordnung zu kippen. Die Rede ist von faschistoiden, rassistischen Bewegungen, die vor allem in den USA seit je her große Freiheiten genießen. Man muss Trump nicht unbedingt Vorsatz unterstellen und, dass er sich von Beginn an, als er auf das Amt des Präsidenten abzielte, auf Rechtsradikale, Neonazis und andere obskure Bewegungen abstützte. Irgendwann jedoch muss er das enorme Potential, das in diesen Gruppierungen steckt, erkannt und beschlossen haben, es auszuschöpfen. Spätestens nach dem Trumpsager zu den Vorfällen in Charlottesville, war seine Position sonnenklar. „There are bad people on both sides, böse Menschen gibt es auf beiden Seiten“, schwingt sich Trump zum Advokaten von Mördern auf. Gemeint war, nicht nur jene, die Menschen jagen, welche gegen Nazis demonstrieren seien schlecht, sondern auch oder vor allem diese selbst, da sie durch ihren Protest eine Reaktion des faschistischen Mobs förmlich provozieren würden. Trump, seine Bewegung, eint zu viel mit diesen Kräften, als dass er sich leisten hätte können, sich gegen sie zu stellen.

Genau wie Donald J. Trump und seine Chefstrategen nämlich, überleben all diese faschistoiden Bewegungen fast ausschließlich dadurch, dass sie sich Parallelwelten schaffen, in welchen sie ihre kranken Ideologien rechtfertigen und ausleben können. Das Negieren irgendwelcher geschichtlichen oder wissenschaftlichen Fakten zum Beispiel, hat dort System. Wie sonst lassen sich Mythen, wie etwa das Klischee der nach einer Weltherrschaft strebenden Juden betreffend, über Jahrhunderte transportieren und festigen? Wie sonst kann standhaft der Irrglaube an ein Herrenrasse propagiert und verteidigt werden? So wie diese sich der Realität im Großen und Ganzen verschließen, agiert auch Trump und entsprechend seine Politik. Nationalismen sind in Zeiten von Klimawandel und Pandemie, Probleme also, welche die Menschheit als Ganzes betreffen, die falsche Strategie. Besonders dann, wenn es um ein Land mit dem Einfluss und der Macht der Vereinigten Staaten geht. Gerade jetzt, wo wir in übertragenem Sinne, enger zusammenrücken müssten, ist eine realitätsfremde Politik à la Trump, mehr als toxisch. „America first“, der Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen, der Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran, die Aufkündigung des „Open Skies“-Abkommen zwischen NATO-Ländern und Russland, um nur einige der wichtigsten Aktionen der Trumpregierung zu nennen. Sie alle haben globale Auswirkungen und stellen eine Gefahr für die gesamte Menschheit dar.

Nun, eine erfolgreiche auch nachträgliche Amtsenthebung, hätte ein deutliches Zeichen gesetzt. Es hätte nicht nur all jenen, die diese irre Welt eines Donald J. Trumps und Konsorten stützen und propagieren, den Wind aus den Segeln genommen, sondern auch all den Gruppierungen, die mit ähnlichen Strategien unterwegs sind, einen gehörigen Dämpfer verpasst. Man hätte deutlich gemacht, dass man an einer Parallelrealität nicht interessiert sei und Trump, mit all dem von ihm hochgekochten Abschaum, wieder zurück an die Ränder gedrängt. Das wurde nun aber verabsäumt und wieder wurde der Absurdität mehr Legitimation verliehen. Das betrifft nicht nur die USA, sondern geht uns alle an. Denn auch hier in Europa sitzen sie, jene welche ähnliche Gesinnungen und Weltbilder propagieren und sich nun wieder einmal bestätigt sehen. Sie werden weiter laut sein, mit xenophoben, rassistischen und faschistoiden Inhalten Diskurse vergiften und sich dem Kampf um eine besseren Welt, in den Wege stellen. Es bedarf deutlicher Worte und Zeichen, um sich gegen dieses Treiben zu richten. Ein abgelehntes Amtsenthebungsverfahren, gegen einen vollkommen von der Realität abgekoppelten Ex-US-Präsidenten mit psychopathischen Zügen, ist kein solches Zeichen.   

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