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Deutscher Nationalsozialismus versus italienischen Faschismus

Viele Menschen sehen im Faschismus das italienische Äquivalent zum deutschen Nationalsozialismus. Was die menschenverachtende Ideologie und die in den Weltkriegsjahren vollbrachten Grausamkeiten angeht, mag es Übereinstimmungen geben, nicht jedoch eine anschließende Aufarbeitung der Kriegsverbrechen betreffend, inklusive entsprechender Entmystifizierung. Trugen in Deutschland etwa die Nürnberger Prozesse, sowie die Frankfurter Auschwitz-Prozesse dazu bei, dass zumindest ein Teil der Täter bestraft werden konnte und das Grauen einer breiten Öffentlichkeit ins Bewusstsein gerufen wurde, fand in Italien nichts dergleichen statt. Während Deutschland Gesetze erließ, die Wiederbetätigung unter Strafe stellten, blieb in Italien die Verherrlichung des Duces und der Faschisten geduldet bzw. findet bis zum heutigen Tage in einigen Bevölkerungsschichten eine Glorifizierung statt. In Deutschland wurden Kriegsverbrecher nach Möglichkeit verfolgt und verurteilt, in Italien gab man ihnen Ministerposten. Wo in Deutschland möglichst alles, was an die NS-Zeit erinnerte, bis auf wenige Mahnmale, entfernt wurde, stehen in Italien jede Menge faschistische Prunkbauten, lassen sich auf Gebäuden deren Sprüche lesen. Jene Parteien, welche den Nationalsozialisten unter Adolf Hitler nachfolgten, wurden verboten und aufgelöst. In Italien sind die Faschisten Teil des politischen Spektrums. Der Hauptgrund, weshalb der Faschismus in den Jahren der Nachkriegszeit bis in die Neunzigerjahre hinein eine eher untergeordnete Rolle spielte, war dem damals starken Einfluss der linken Parteien zu verdanken. Als jedoch Berlusconi mit seiner Alleanza Nazionale an die Macht gelangte, erstarkten gleichzeitig die faschistischen Strömungen im Lande. Parallel dazu entwickelte sich die damalige Lega Nord, später unter Matteo Salvini, Lega, die mit ihrer xenophoben Haltung als extremer einzustufen ist, als die Berlusconi-Parteien Alleanza Nazionale oder Forza Italia. Salvini selbst, nach abgebrochenem Geschichtsstudium früh von der menschenverachtenden Ideologie der Lega Nord indoktriniert, träumt jenen Traum, den schon sein großes Vorbild, Benito Mussolini geträumt hatte, nämlich den vom starken Italien und vom Rum des Imperium Romanum. Salvinis Affinität zu Waffen und Uniformen, das Rezitieren von Sprüchen, welche der poesieverliebte Duce schon getan hat zeigen, welch Geistes Kind er ist. Was in Deutschland undenkbar wäre, in Italien konnte sich Salvini als erster Politiker nach dem Duce, auf dessen Balkon stellen, um eine Rede an seine Gefolgschaft zu richten. Zur Erinnerung an manche, die vielleicht schon verdrängt haben, bei Benito Mussolini handelte es sich um das große Vorbild Adolf Hitlers, den dieser in seiner Anfangszeit verehrt, kopiert und dem er nachgeeifert hatte. Wie Mussolini schon, ist Salvini ein Held der Worte, der sein Ego an den Schwachen aufpoliert, Minderheiten, Kritiker und Menschen mit anderer Meinung an den öffentlichen Pranger stellt und wissentlich deren Unversehrtheit riskiert. An seinem Verhalten ist absolut nichts staatsmännisches, er nimmt seine Verantwortung als Minister des gesamten italienischen Volkes in keiner Weise wahr, sondern setzt auf Machterhalt durch schüren von Ressentiments und dem Aufrechterhalten von Klischees. Differenzierung kennt Salvini nicht, nutzt die Situation des angeschlagenen italienischen Staates aus, indem er sich als dessen Retter hoch stilisiert. Er betreibt Propaganda nach faschistischem Muster, stigmatisiert Minderheiten, glorifiziert das Italien seiner Fantasie. Seine Hetze betreibt Salvini über die Kanäle der «sozialen» Netzwerke, was seinen Worten Authentizität verleihen soll. Italien, das nicht nur wirtschaftlich seit Jahrzehnten vor sich hin dümpelt, hat außerdem ein massives Defizit, das Bildungssystem betreffend. Salvini ist mit seinem italienischen Abitur der Einäugige unter den Blinden. Viele Menschen vertrauen seinen Worten, sind müde von leeren Versprechungen und Sparprogrammen, sehnen sich nach einem starken Italien, nach Ordnung und Recht. Wie schon einst die Fasci unter Mussolini vorgegangen waren, wünschen sich viele, dass aufgeräumt wird, wollen eine starke Hand, die der Misere ein Ende bereitet. Wenigen ist bewusst, welchen Preis sie zahlen müssten, würde das Bestreben des Minister Salvini eines Tages Realität. Deutschland hingegen konnte bis dato nationalsozialistische Tendenzen mehr oder weniger unter Kontrolle halten. Wird dem Staat auch vorgeworfen, auf dem rechten Auge blind zu sein, stehen rechtsradikale Gewalttaten fast auf der Tagesordnung, so besteht unter der breiten Bevölkerung doch Konsens, dass ein Zurück in die Nazizeit nie in Frage käme. In Deutschland ist es der sogenannte Flügel der AfD, dessen Gesinnung am ehesten mit jener, wie sie die italienischen Faschisten verfolgen, korrespondieren würde. Anders als in Italien jedoch, kann in Deutschland niemals von einer Mehrheit ausgegangen werden, die sich einer dermaßen menschenfeindlichen Ideologie verschrieben hat. Fast 40% der wahlberechtigten Italiener aber scheint die Faschismuskopie kein Dorn im Auge zu sein, im Gegenteil. In Italien ist der Faschismus weiter auf dem Vormarsch. Er mag nicht im Detail mit jenem eines Benito Mussolinis zu vergleichen sein, Parallelen jedoch lassen sich ohne weiteres und zuhauf ziehen. Genauso wie man zurückblickend feststellen kann, dass sich Italien politisch heute in etwa kurz vor der Lage in Deutschland, im Jahre 1934 befindet. Es war das Jahr, indem sich Hitler zum Alleinherrscher machen ließ und somit die Voraussetzungen für eine der größten humanitären Katastrophen der Menschheit schuf. Salvinis Bestreben ist eine Alleinherrschaft, ohne Koalitionspartner. Schafft er den Sprung, bleibt offen, wohin die Reise geht. Die Weichen sind bereits gestellt, die Richtung keine gute. Bleibt zu hoffen, dass die Ratio siegt, die Mehrheit der italienischen Bevölkerung die Gefahr erkennt und frühzeitig die Notbremse gezogen wird.

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