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Moria

 


Die Flammen im Flüchtlingslager von Moria waren noch am Lodern, als im Netz in den sogenannten "Sozialen Netzwerken" bereits erste Stimmen laut wurden, die frohlockend verkündeten: "Es war Brandstiftung, das Lager wurde von den Flüchtlingen selbst in Brand gesetzt, hahaha!". Ähnliches im selben Ton, war auch etlichen, für ihre tendenziöse Berichterstattung bekannte Medien, zu entnehmen. Es dauerte nicht lange, da waren auch schon politischen Statements zum Thema zu vernehmen, die in dieselbe Kerbe schlugen. Gewalt würde keinen Platz in Europa haben, Gewalttäter hätten ihr Recht auf Asyl verwirkt, die wolle man hier nicht. 
 
 All das ist jedoch an Häme kaum zu überbieten und deshalb in keiner Weise nachvollziehbar. Wir haben es mit Menschen zu tun, die bis auf wenige Ausnahmen, Krieg und Elend entflohen sind. Dies steht soweit fest. Deren einziges Verbrechen bestand darin, auf der Flucht eine Grenze passiert zu haben, ohne sich um die dafür vorgesehenen Formalitäten, wie Visumsantrag usw. zu kümmern. Nun, sie waren da und hatten sogar ein Recht darauf da zu sein. 
 
Mal ganz abgesehen von der Mitschuld westlicher Länder, inklusive Europäische Union, an den Schicksalen der Menschen in deren  Heimatländern, gibt es Menschenrechte und Konventionen, die genau für solche Situationen gestrickt wurden, was den Umgang mit Geflüchteten angeht. Fast alle diese Vorgaben wurden von der sogenannten zivilisierten Gesellschaft Europas, respektive deren Politikern, im Falle Moria außer Kraft gesetzt. Man zog es vor zu warten. Warten worauf? Dass sich das Problem in Luft auflöst? Dass sich die Griechen darum kümmern werden, die Insulaner von Lesbos? 
 
Es wäre Aufgabe der EU-Staaten, bzw. der EU als Ganzes, endlich eine Lösung auszuarbeiten. Stattdessen ließ man sich von Blendern und deren populistischen Phrasen einschüchtern, wie sie etwa aus Richtung des österreichischen Kanzlers Sebastian Kurz kommen. Ein Politiker der durch Bildungslosigkeit glänzt und dadurch, dass er in eine Koalition mit Rechtsradikalen gegangen war, einer Regierungskonstellation, der er bis heute noch nachtrauert. Er zählt zu jenen Kräften in Europa, die immer wieder mantraartig den längst widerlegten Pulleffekt predigen. Kurz ist einer der Nationalisten, denen wenig an einer Europäischen Union zu liegen scheint, gehört zu den Spaltpilzen, den Geizigen, den Egoisten. Sie waren maßgeblich dafür verantwortlich, dass man die Menschen im Lager von Moria nicht aus diesem befreite, um ihnen endlich zu einem würdigen Dasein zu verhelfen. Stattdessen ließ man sie im Dreck verrotten, ohne Zukunft, ohne Perspektive, sich selbst überlassen. 
 
Wo die ganze Welt gegen ein Virus kämpft, die Bevölkerungen dazu angehalten werden auf Distanz zueinander zu gehen, Hygienemaßnahmen durchgesetzt werden, Veranstaltungen mit Menschenaufläufen schlicht verboten sind, gelten in Moria andere Regeln. Scheinbar wird dort mutwillig das Leben tausender Kinder, Mütter, Menschen aufs Spiel gesetzt, ohne dass es innerhalb der "zivilisierten" Welt zu einem Aufschrei kommt. Nun aber wagen es diese Individuen aufzubegehren, ja gar mit Gewalt Akzente gegen diese zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit zu setzen. Was erlauben sich die eigentlich?! Dagegen muss vorgegangen werden! 
 

Für entsprechende Maßnahmen werden Ressourcen freigesetzt. Man beruhigt das Volksgewissen mit der sogenannten "Hilfe vor Ort". Dass diese nie stattfindet, oder zumindest in nicht ausreichendem Maße, wird schlicht verdrängt. Zu gut klingen solche und ähnliche Floskeln. Stattdessen werden weiter Waffen an Kriegsparteien verkauft, Stellvertreterkriege geführt, Ressourcen geplündert und am Schlimmsten, unser Klima nachhaltig zerstört mit all seinen Folgen. Immer wieder werden Menschen stigmatisiert, Horrorszenarien entworfen, nur um eine Politik der Unmenschlichkeit zu rechtfertigen. Der Weg scheint vorgezeichnet, denn wenn die Kälte und Gleichgültigkeit weiter Einzug halten, dann wird dies böse enden. 
 
Gestern betraf es nur Geflüchtete und Asylbewerber. Seit Beginn der Pandemie sind die Alten dazugekommen. Alle Faktoren die sich gegen den Gott des Mammons stellen, werden wegrationalisiert. Wer kommt morgen an die Reihe? Wir müssen einen Schritt zurück machen, oder auch zwei und uns besinnen. Dann sollten wir dringend einen Richtungswechsel vornehmen. Gelingt uns das nicht, wird der Mensch in einem autodestruktiven System zu Grunde gehen. Es wäre nicht das erste Mal in unserer Geschichte, wo wir in einem Akt der Unmenschlichkeit gegen unser eigen Fleisch und Blut vorgegangen wären. Neu ist die Effizienz, mit der heute vernichtet werden kann. 
 
Deshalb lasst uns nicht gleichgültig sein und stehen wir auf, gegen die Hassprediger, die Blender und Nationalisten. Lasst uns aufhören die Welt aufzuteilen. Diese stellt ein geschlossenes System dar, das mit den Erfindungen des Menschen immer kleiner geschrumpft wurde. Aus diesem gibt es kein Entrinnen. Wir können als Menschheit nur überleben, wenn wir alle einbeziehen, wenn gerechter verteilt, niemand ausgeschlossen wird. Wer Mauern baut, Grenzen schließt, Menschen in Lager oder gar Käfige sperrt, der geht schlussendlich selbst zu Grunde und wir alle mit ihm.

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